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Krisenfrüherkennung nach StaRUG: Diese Pflichten treffen die Geschäftsleitung

Mit der Einführung des StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) hat der deutsche Gesetzgeber einen gesetzlichen Rahmen zur Sanierung von Unternehmen außerhalb der Insolvenzordnung geschaffen.

Nach § 1 Abs. 1 StaRUG sollen die Mitglieder der zur Geschäftsführung berufenen Organe einer juristischen Person (Geschäftsleiter) fortlaufend über Entwicklungen wachen, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie solche Entwicklungen, müssen sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht erstatten. Berühren diese Maßnahmen Zuständigkeiten anderer Organe, so ist deren Befassung unverzüglich herbeizuführen.

Hieraus lassen sich die folgenden wesentlichen Pflichten der Geschäftsführung ableiten:

1. Eine fortlaufende Überwachungspflicht,

2. die Pflicht, geeignete Gegenmaßnahmen einzuleiten,

3. die Pflicht zur Berichterstattung an die Überwachungsorgane und

4. die Pflicht zur Einbindung weiterer Organe, sofern erforderlich.

Zum konkreten Umfang der Krisenfrüherkennung enthält das StaRUG keine detaillierten Vorgaben. Die Gesetzesbegründung des StaRUG verweist auf das ältere KonTraG. Dieses betont, dass die Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung von Größe, Struktur, Kapitalmarktzugang und weiteren unternehmensspezifischen Faktoren abhängt. Es wird daher vertreten, dass der Geschäftsleitung ein gewisser Ermessensspielraum zuzugestehen ist – solange die Krisenfrüherkennung geeignet ist, die genannten Pflichten zu erfüllen.

Zur Umsetzung der Anforderungen aus § 1 StaRUG haben sich insbesondere folgende Maßnahmen bewährt:

1. Liquiditätsplanung mit 18–24 Monaten Planungshorizont

Zur Krisenfrüherkennung nach § 1 StaRUG wird eine integrierte Liquiditäts- und Finanzplanung empfohlen, die rollierend unterjährig aktualisiert wird. So können mögliche Liquiditätsengpässe frühzeitig erkannt und adressiert werden.

2. Regelmäßige Risikoidentifikation mittels strukturierter Verfahren

Potenzielle Risiken sollten regelmäßig identifiziert und analysiert werden. Hierzu gehören interne wie externe Risiken, etwa aus dem politischen oder wirtschaftlichen Umfeld. Kreativitätstechniken wie Brainstorming reichen hierfür in der Regel nicht aus. Es sollten Verfahren eingesetzt werden, die eine systematische und umfassende Risikoerfassung ermöglichen. Für interne Krisenursachen empfehlen sich beispielsweise strukturierte Geschäftsmodellanalyse-Tools. Bei der Anwendung kreativer Methoden sollte ergänzend eine standardisierte Checkliste verwendet werden.

3. Überwachung potenzieller Risiken, z. B. mittels adaptierter Balanced Scorecard

In der Theorie wird zwischen drei Generationen der Krisenfrüherkennung unterschieden:

Frühwarnung (kennzahlen- und hochrechnungsbasiert)

Früherkennung (indikatorengestützt, mit Prognosefähigkeit)

Frühaufklärung (basierend auf schwachen Signalen, schwer quantifizierbar)

Die indikatorengestützte Früherkennung gilt in der Praxis als besonders wirksam. Risiken können dabei z. B. in einer Balanced Scorecard für die Krisenfrüherkennung durch geeignete Frühindikatoren abgebildet werden. Ein Beispiel: Die Anzahl neuer Kundenanfragen kann als Frühindikator für die zukünftige Umsatzentwicklung dienen. Ein Indikator gilt als qualitativ hochwertig, wenn der Zusammenhang zwischen beobachtetem Problembereich (Indikandum) und Indikator valide erfasst ist.

4. Einrichtung eines Berichtswesens und einer dokumentierten Vorgehensweise

Für ein belastbares Krisenfrüherkennungssystem ist eine saubere Dokumentation unerlässlich. Diese sollte mindestens enthalten:

• verwendete Verfahren zur Risikoidentifikation,

• Aktualisierungsintervalle,

• klare Zuständigkeiten und

• das Verfahren zur Berichterstattung an die zuständigen Organe.

5. Je nach Lage: Risikoaggregation

In bestimmten Situationen kann eine Risikoaggregation notwendig sein. Hierbei wird die Gesamtrisikolage durch mathematische Verfahren wie die Monte-Carlo-Simulation quantifiziert, um beispielsweise zu ermitteln, welcher Verlust mit 95 %iger Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird. Diese Vorgehensweise ist insbesondere bei einer Vielzahl interdependenter Risiken sinnvoll.

Fazit

Das StaRUG verpflichtet Geschäftsleiter nicht nur zur Reaktion auf bestehende Krisen, sondern zur proaktiven Krisenfrüherkennung. Der Aufbau eines strukturierten Frühwarnsystems ist damit nicht nur Best Practice, sondern gesetzlich gefordert. Gerade im Mittelstand ist ein solches System ein zentraler Baustein für nachhaltige Unternehmenssicherung.

Sie möchten wissen, wie sich ein auf Ihr Unternehmen zugeschnittenes Krisenfrüherkennungssystem rechtskonform und wirtschaftlich sinnvoll umsetzen lässt? Sprechen Sie uns an – wir beraten Sie gerne.