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Der Ort der Geschäftsleitung – ein vermeintlich einfaches Thema von großer Bedeutung

Auf den ersten Blick klingt das Thema schnell und einfach erklärt. Ort der Geschäftsleitung ist dort, wo der Sitz der Gesellschaft ist, möchten manche sagen. Andere sagen vielleicht, der Ort der Geschäftsleitung ist dort, wo der Geschäftsführer die Entscheidungen trifft. Gerade letztere Ansicht ist schon relativ nahe an dem, was die Finanzverwaltung als Ort der Geschäftsleitung ansieht.

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist der Ort der Geschäftsleitung nicht durch formale Angaben wie der im Handelsregister eingetragene Sitz der Gesellschaft beschränkt. Vielmehr wird darauf geschaut, wo der maßgebliche Wille der Geschäftsführung gebildet wird. Der Ort der Geschäftsleitung umfasst die laufende Geschäftsführung, also die tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Geschäftsbetrieb mit sich bringt. In der Regel befindet sich der Ort der Geschäftsleitung dort, wo die zur Vertretung befugten Personen ihre geschäftsführende Tätigkeit tatsächlich entfalten, häufig am Sitz des Geschäftsführers oder in dessen Büro.

Die Ansicht der Finanzverwaltung zeigt, dass der gesellschaftsrechtliche Sitz einer Gesellschaft nicht zwingend von Bedeutung für den Ort der Geschäftsleitung sein muss. Was für deutsche Gesellschaften mit in Deutschland wohnhaften Geschäftsführern schon zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung führen kann, ist bei nicht in Deutschland wohnhaften Geschäftsführern ein noch viel größeres Thema.

Denn der Anknüpfungspunkt des Orts der Geschäftsleitung ist von wesentlicher Bedeutung, wenn es um die Prüfung geht, wo die Ansässigkeit und damit die unbeschränkte Steuerpflicht einer Körperschaft ist. Nach den § 10 Abgabenordnung (AO) ist die Geschäftsleitung definiert als der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Auch diese wenig hilfreiche Beschreibung wird durch die Rechtsprechung und den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 10 etwas konkretisiert. Zwar spielt auch eine Rolle, wo der maßgebliche Wille gebildet wird und wo wichtige Unternehmensentscheidungen getroffen werden, aber ein ganz wichtiger Punkt ist hierbei das Tagesgeschäft. Tagesgeschäfte sind all das, was der gewöhnliche Betrieb eines Unternehmens mit sich bringt – also das Day-to-day Business. Und hier können zahlreiche Fallstricke entstehen; insbesondere bei im Ausland wohnhaften Geschäftsführern. Denn je größer die Entfernung zwischen Sitz und Räumlichkeiten der Gesellschaft und dem Wohnort des Geschäftsführers ist, desto eher wird von Seiten der Finanzverwaltung bezweifelt, dass der Ort der Geschäftsleitung in Deutschland liegt.

Hat die GmbH ihren Sitz auf der deutschen Seite in Görlitz und wohnt der Geschäftsführer auf der polnischen Seite von Görlitz, dürfte das wohl kein Problem sein. Hat die Gesellschaft aber ihren Sitz in Stuttgart und der Geschäftsführer wohnt in Danzig, ist das schon problematisch. Ab diesem Zeitpunkt ist nämlich durch die Gesellschaft und den Geschäftsführer nachzuweisen, dass der Ort der Geschäftsleitung in Deutschland liegt – und nicht in Polen. Gerade das eben genannte Beispiel kann dazu führen, dass unfreiwillig eine Betriebsstätte in einem Land entstanden ist und das mit all den daraus folgenden steuerlichen Konsequenzen.

Nicht nur nach § 12 Satz 1 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Dabei ist insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung als Betriebsstätte anzusehen, § 12 Satz 2 Nr. 1 AO. Auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 2 Buchstabe a) des OECD-Musterabkommens umfasst eine Betriebsstätte auch den Ort der Leitung. Sollte nun beispielsweise im Rahmen einer Umsatzsteuernachschau auch der Ort der Geschäftsleitung geprüft werden, ist man lieber gut gerüstet. Das zeigt sich idealerweise durch Büroverträge (sei es ein Mietvertrag oder eine Räumlichkeit eines Dienstleisters /Virtual Office) aber auch durch Reisebelege wie Anfahrten/Fahrtenbücher und Übernachtungen. Dies können Indikatoren dafür sein, dass trotz einer räumlichen Differenz das Tagesgeschäft am angegebenen Sitz ausgeübt wird. Die Rechtsprechung weist in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass auch immer auf den Einzelfall geschaut und diese berücksichtigt werden soll. Zur Vermeidung derartiger Prüfungen empfiehlt es sich, schon zu Beginn hinsichtlich des Ortes der Geschäftsleitung Gedanken zu machen und sich vorzubereiten.

Für weitere Informationen oder eine individuelle Beratung zu diesem Thema stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.